Günther Dreibrodt

26.07.1951 in Roßlau/Elbe

lebt in Dessau-Roßlau

Gewicht: 92 kg

Größe: 196 cm

Spitzname: „Schaufel“

Vereine:
  • BSG Motor Schiffswerft Roßlau
  • BSG ZAB Dessau
  • SC Magdeburg
  • TV Jahn Roßlau
Trainer:
  • Fritz Baartz (BSG Motor Schiffswerft Roßlau)
  • Leo Fieberg (BSG ZAB Dessau)
  • Klaus Miesner (SC Magdeburg)
Beruf:
  • Berufsausbildung mit Abitur
  • Sportstudium DHfK Leipzig
  • Diplomsportlehrer
  • wissenschaftlicher Mitarbeiter Pädagogische Hochschule Magdeburg
Erfolge:
  • 7 Mal DDR-Meister mit dem SC Magdeburg
  • Gewinner des Europapokals der Landesmeister mit dem SC Magdeburg 1978 und 1981
  • 186 Landerspiele für die DDR, 691 Tore
  • 3. Platz mit der DDR-Mannschaft bei der Weltmeisterschaft 1978 in Dänemark
  • 1. Platz mit der DDR-Mannschaft bei den Olympische Spiele Moskau 1980

Günther Dreibrodt wurde am 26.071951 in Roßlau/Elbe geboren. Im Sportunterricht seiner Schule ist er in den ersten Schuljahren nicht besonders durch ein sportliches Talent aufgefallen. Mit 12 Jahren meldete er sich bei der BSG Schiffswerft Roßlau in der Sektion Handball an. Der entscheidende Anstoß dazu kam von seinem Bruder Erich, der selbst Handball spielte. Günther Dreibrodt erlernte das Handball-ABC unter dem Trainer Fritz Baartz. Ein Kleinfeldhartplatz war die wichtigste Trainings- und Wettkampfstätte. Durch regelmäßiges Training und dem steten Willen sich zu verbessern, entwickelte sich Günther Dreibrodt zum Leistungsträger in seiner Mannschaft.

Die Führung des Handballverbandes der DDR unter ihrem Präsidenten, dem Magdeburger Hermann Milius beschloss im Rahmen ihrer Arbeit immer wieder Maßnahmen zur Förderung der Leistungsentwicklung im Spitzensport und in der Jugendnachwuchsförderung mit dem Ziel international an das spielerische Niveau der leistungsstärksten Nationalmannschaften Anschluss zu finden. Nachdem 1966 die Entscheidung gefallen war, sich im Übungs- und Wettspielbetrieb vollständig auf Hallenhandball zu konzentrieren, folgte wenig später der Beschluss der Einführung einer neuen höchsten Spielklasse für den Juniorenbereich. Für das Jahr der Oberligazugehörigkeit hatte jede Mannschaft auch ein Team für die neue Juniorenoberliga zu stellen.

Die Sektionsleitung der BSG ZAB Dessau stand vor der Aufgabe, innerhalb kurzer Zeit eine leistungsfähige Jugendhandballmannschaften zu bilden und in ihr möglichst Talente der Region zu integrieren. So wurde 1968 der 17-jährige Günther Dreibrodt zusammen mit seinem Roßlauer Mannschaftskameraden Wolfgang Walkowiak zur BSG ZAB Dessau delegiert. Durch das Training unter Leo Fieberg und Horst Jägeler entwickelte sich das handballerische Können von Günther Dreibrodt weiter. Nach Abschluss seiner Ausbildung zum Baufacharbeiter mit Abitur stellte sich für Günther Dreibrodt die Frage nach der weiteren beruflichen und sportlichen Karriere. Da bot sich einerseits die Möglichkeit als Angehöriger der Nationalen Volksarmee bzw. des Ministeriums für Inneres Handball auf höchstem Niveau weiterzubetreiben. Einladungen des ASK Frankfurt/Oder und des SC Dynamo Berlin zur Leistungsüberprüfung lagen vor. Andererseits wollte Günther Dreibrodt gern Sport studieren und weiter für seine Mannschaft, der BSG ZAB Dessau, spielen. Er bewarb sich bei der DHfK und absolvierte unter Vermittlung seines Trainers Horst Jägeler die Sporteignungsprüfung an der DHfK-Außenstellen Magdeburg. Im anschließenden Kadergespräch mit dem Außenstellenleiter Conrad Ludwig wurde die Aufnahme des Sportstudiums an einen Vereinswechsel zum SC Magdeburg gebunden. 1971 wurde Günther Dreibrodt mit Beginn des Studiums Mitglied der 2. Mannschaft. Das Studium schloss er 1982 mit der Diplomarbeit „Psychische Belastung im Hallenhandballsport – untersucht am Beispiel des Männeroberligakollektivs des Sportclubs Magdeburg“ erfolgreich ab.

In der 2. Männermannschaft des SC Magdeburg entwickelte sich Günther Dreibrodt trotz seiner Jugend schnell zu einem Leistungsträger der Mannschaft und wurde letztendlich auf der Rückraumposition zum Stammspieler der 1. Männermannschaft. Mit dem SC Magdeburg wurde er dreimal FDGB-Pokalsieger, siebenmal DDR-Meister und gewann international 1978 und 1981 den Europapokal der Landesmeister.

Wegen seiner Leistungsstärke als Rückraumspieler wurde er in den Kader der Nationalmannschaft berufen und absolvierte sein erstes Länderspiel 1973 gegen Frankreich. Gegen die starke Konkurrenz auf seiner Position war es für Günther Dreibrodt als junger Spieler sehr schwer sich durchzusetzen. So gehörte er bei der Handballweltmeisterschaft 1974 im eigenen Land nur zum Ersatzkader und erhielt auch danach nur wenig Spielzeit in der Nationalmannschaft. Das änderte sich erst nach der knapp verpassten Qualifikation zu den Olympischen Spielen 1976 in Montreal/Kanada, als die Mannschaft neu aufgebaut wurde. Über einen 2. Platz bei der B-Weltmeisterschaft in Österreich qualifizierte sich die DDR-Nationalmannschaft mit Günther Dreibrodt für die Weltmeisterschaft 1978 in Dänemark. Bei diesem Turnier belegte man in der Hauptrunde knapp hinter dem späteren Weltmeister BRD den 2. Platz und hatte dadurch das Spiel um Platz 3 gegen Dänemark erreicht. Im kleinen Finale warf Günther Dreibrodt 6 Tore und trug damit wesentlich zum 19 : 15 Sieg bei. Mit dem 3. Platz qualifizierte sich die DDR für die Olympischen Spiele 1980 in Moskau. Die Spiele sollten zum sportlichen Höhepunkt für Günther Dreibrodt werden.

In der Geschichte können Politik und Sport sehr oft nicht voneinander getrennt betrachtet werden. Besonders in der Zeit des Ost-West-Konfliktes (1948-1989) wurde von beiden Seiten der Sport für die Systemauseinandersetzung zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion und ihren politischen Verbündeten missbraucht. Die Olympischen Spiele von Moskau 1980 stellen ein besonderes Beispiel dar, wie eine sportliche Großveranstaltung durch den Druck von Regierungen auf die Nationalen Olympischen Komitees zum politischen Spielball wurde.

Nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan verkündete der US-Präsident Jimmy Carter 1980 einen Strafenkatalog gegenüber der Sowjetunion. Neben verschiedenen Embargos schlug die US-Regierung auch einen weltweiten Teilnahmeboykott für die Olympischen Spiele vor. Diesem Boykottaufruf schlossen sich Regierungen einer Reihe westlicher und islamischer Staaten an und forderten ihre Nationalen Olympischen Komitees auf, keine Olympiateams nach Moskau zu entsenden. Aus 42 Staaten nahmen aus politischen Gründen keine Sportlerinnen und Sportler teil. Die Olympischen Spiele 1980 wurden trotzdem ein außerordentliches Sportereignis mit herausragenden sportlichen Leistungen.

An dem olympischen Handballturnier nahm fast die komplette Weltelite teil. Von den zehn erstplatzierten Mannschaften der Weltmeisterschaft von 1978 waren acht Nationalmannschaften am Start. Durch den Boykott ihrer NOKs fehlte nur der amtierende Weltmeister BRD und Schweden. Das olympische Turnier wurde in zwei Staffeln zu je sechs Mannschaften ausgetragen. Die DDR hatte sich in Gruppe A mit Spanien, Ungarn, Polen, Dänemark und Kuba auseinanderzusetzen. Nach dem Auftaktsieg gegen Spanien (21 : 17) kam man gegen Ungarn nicht über ein Unentschieden hinaus und geriet unter Druck. Weitere Punktverluste konnte man sich in der ausgeglichenen Staffel nicht leisten, wollte man eine vordere Platzierung im Turnier erreichen. Zum Schlüsselspiel wurde die Begegnung mit Polen, dass nach 3 Spieltagen verlustpunktfrei an der Spitze der Tabelle stand. Das Geburtstagskind des Tages, Günther Dreibrodt, bot mit 5 Treffern eine Leistung, die andere Teammitglieder mitriss. Sechs Minuten vor Schluss führte man mit 4 Toren Vorsprung. Das Spiel schien entschieden. Aber die Polen kämpften sich zurück und unmittelbar vor Schluss war die Partie beim Stand von 22 : 21 wieder offen. Der letzte Angriff der Polen hätte ein Unentschieden zur Folge haben können. Günther Dreibrodt konnte den Durchbruch des ballführenden Marek Panasch zum Tor um den Preis eines Freiwurfes verhindern. Den Freiwurf parierte der Torhüter Wieland Schmidt mit dem Kopf und das Spiel endete mit einem knappen Sieg für die DDR. Nach dem Sieg gegen Dänemark (24 : 20) hatte sich die DDR als Gruppenerster für das Finale qualifiziert. Dort hieß der Gegner Sowjetunion.

Das Spiel um Gold fand am 30. Juli 1980 im Moskauer Sokolniki-Palast statt. Die Gastgeber gingen als klarer Favorit in das Spiel. In den beiden Spielhälften gelang es dann aber keiner Mannschaft sich entscheidend vom Gegner abzusetzen. Die 20 : 19 Führung der DDR kurz vor Schluss der regulären Spielzeit wurde durch einen Siebenmeterwurf Anpilogows ausgeglichen. Das bedeutete Verlängerung. In der Verlängerung wurde der Magdeburger Torwart, Wieland Schmidt, zum Helden des Spiels. Gerade noch hatte Günther Dreibrodt durch einen präzisen Pass zu Hans-Georg Beyer diesen so ins Spiel gebracht, dass er zum 23 :21 einwerfen konnte, da kassierte er bei der Abwehr des folgenden sowjetischen Angriffes eine 2min-Strafe. Kurz darauf musste auch der gerade eingewechselte Höft für 2min das Spielfeld verlassen. Anpilogow traf 52 Sekunden vor Schluss der Verlängerung zum Anschlusstreffer. Nach Ballverlust der Deutschen waren die sowjetischen Spieler noch einmal im Angriff. Der letzte Schuss von Alexander Karschakewitsch krachte vom Unterarm Wieland Schmidts an die Latte und von dort wieder zurück ins Feld. Gold für die DDR war perfekt.

Über die nächsten vier Jahre blieb Günther Dreibrodt, wie seine Magdeburger Teamkollegen Wieland Schmidt, Hartmut Krüger und Ingolf Wiegert, eine wichtige Stütze der DDR-Nationalmannschaft. Die Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles/USA sollten der Endpunkt seiner erfolgreichen Sportkarriere werden.

Doch erneut sollten die Olympischen Spiele zum Spielball im Kalten Krieges zwischen West und Ost werden. Die sowjetische Staats- und Parteiführung unter dem KPdSU-Generalsekretär Konstantin Ustinowitsch Tschernenko beobachtetee seit 1983 sehr kritisch die zunehmende antisowjetische Stimmung in verschiedenen politischen Kreisen der USA. Als dem sowjetischen Olympia-Attaché die Akkreditierung verweigert wurde, verkündete man, dass man um die Sicherheit der sowjetischen Sportlerinnen und Sportlern in den USA fürchtete und deshalb nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen werde. Regierungen, die mit der Sowjetunion eng zusammenarbeiteten, also auch die DDR-Regierung, schlossen sich in den nächsten Tagen dem Boykott an. Damit gab es für die DDR-Sportlerinnen und Sportler keine Möglichkeit an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Die DDR-Handballer hatten somit keine Chance ihren in Moskau errungenen Sieg zu wiederholen.

Statt Olympische Spiele veranstalteten die Boykottstaaten Wettkämpfe der Freundschaft und luden zu diesen Sportler und Sportlerinnen aus der ganzen Welt dazu ein. Die Wettkämpfe fanden im Zeitraum vom 2. Juli bis 16. September 1984 in mehreren Ländern statt, nämlich in der Sowjetunion, der DDR, der Tschechoslowakei, der Mongolei sowie in Bulgarien, Polen, Ungarn, Kuba und Nordkorea. Handball der Männer wurde in der DDR ausgetragen. Im Finale kam es erneut zur Begegnung DDR – Sowjetunion. Die DDR konnte sich in diesem Spiel erneut durchsetzen. Trotz des hohen Niveaus des Turniers war der 1. Platz bei den Wettkämpfen der Freundschaft nicht mit einem Sieg bei der Olympiade in Los Angeles vergleichbar. Die DDR ehrte ihre Athletinnen und Athleten trotzdem überschwänglich. Neben der Auszeichnungsreise nach Kuba auf der „MS Völkerfreundschaft“ wurden Orden verteilt und Prämien gezahlt. Günther Dreibrodt erhielt zum zweiten Mal den Vaterländischen Verdienstorden, diesmal in Gold.

1985 beendete Günther Dreibrodt seine leistungssportliche Karriere beim SC Magdeburg. Fortan konzentrierte er sich stärker auf seine berufliche Entwicklung. So arbeitete er bis 1990 an der Pädagogischen Hochschule Magdeburg als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Sportwissenschaften. Nach der politischen Wende in der DDR zog es ihn wieder in seine Heimatstadt Roßlau. Dort baute er in den folgenden Jahren ein kleines Unternehmen auf. Dem Handball blieb er aktiv verbunden. Für den TV Jahn Roßlau nahm er den Ball wieder in die Hand und stand in Punktspielen auf dem Parkett. 1992 wurde die Mannschaft mit ihm Landesmeister von Sachsen-Anhalt. Seine Tore hatten entscheidend zum Titel beigetragen. Die Ehrung als Torschützenkönig der Oberliga bedeutete eine letzte Trophäe in seiner Sportkarriere.

René Münzberg

Handball-Finale Männer
1980 Moskau (Sowjetunion)
20. Juli – 30. Juli 1980
Die DDR-Mannschaft besiegt die Mannschaft der Sowjetunion in einem dramatischen Finale nur um ein Tor!
Endresultat:
DDR 23-22 UdSSR
Tabellenstand:
1.DDR
2.UdSSR
3.Rumänien