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Vor dem Start der HW1-Rakete in Dessau-Großkühnau. Bild: Anhalter Anzeiger, illustierte Beilage Die Heimat vom 4. April 1931

Mit einer von Reinhard Sagner (Berlin) erarbeiteten Ausstellung würdigt das Stadtarchiv einen Wissenschaftler und Techniker, der eigentlich Maschinenbauer werden wollte, ein Theologiestudium abschloss, dann aber als Raketenspezialist in Dessau bei den Junkerswerken arbeitete und wichtige Grundlagen für die Entwicklung der Raketentechnik legte: Johannes Winkler.

Winklers bahnbrechende Arbeiten für die Raumfahrt sind weitgehend unbekannt, da sie ab 1929 bis 1945 fast ohne Unterbrechung der Geheimhaltung unterlagen und einige Autoren aus Unwissenheit oder zur Hervorhebung eigener Verdienste nicht ausreichend über ihn berichtet haben. Die Kurzausstellung im Stadtarchiv will anhand bislang beinahe unbekannter Dokumente einige Lücken im Wissen über Johannes Winkler schließen und gleichzeitig zu der neuen, ab 30. Mai 2015 erlebbaren Dauerausstellung im Technik-Museum „Hugo Junkers“ überleiten.

Johannes Winkler steht für einige nachhaltige Ergebnisse von Forschungen und Erprobungen auf dem Gebiet der Raketentechnik. Allgemein bekannt ist, dass er 1927 der alleinige Herausgeber und ein maßgeblicher Autor der Zeitschrift „Die Rakete“ war und den erfolgreichen Verein für Raketentechnik und Raumfahrt gegründet hat. Bekannt ist vielen auch, dass er in Dessau die erste europäische Flüssigkeitsrakete (HW 1) gestartet hat. Das wäre ohne die systematische Forschungsarbeit bei den Junkerswerken nicht möglich gewesen. Ohne Erfolg blieb hingegen der Startversuch der HW 2, die er mit Beratung und Finanzierung von Hugo A. Hückel konstruiert hatte. Grundlage dafür war die Entwicklung eigener, neuartiger Triebwerke.

Winkler war aber nicht nur Verleger, Autor und Chef einer Gesellschaft für Raumfahrt, sondern auch Theoretiker der Raketentechnik und deren Anwendung. 1928 veröffentlichte er den Gedanken, dass man innerhalb einer Raketenstufe Triebwerke bündeln kann, wobei die Betriebsstoffe durchaus aus gemeinsamen Treibstoffbehältern entnommen werden können. Seine Überlegungen einer Feinzerstäubung der Treibstoffe können als die Grundlage aller modernen Flüssigraketen gelten. Johannes Winkler war schließlich auch der Erste, der mit einem Gebrauchsmuster für „Schnellflugzeuge“ versucht hat, aus der utopischen Vision eines Raketenflugzeuges zu einer exakten technischen Darlegung überzugehen. Diese Ideen wurden später von Max Valier (1895-1930), Hermann Oberth (1894-1989) und Eugen Sänger (1905-1964) aufgegriffen, deutlich erweitert und auf eine höhere Ebene gehoben. Im Stadtarchiv werden einige Dokumente gezeigt, die in der zukünftigen Dauerausstellung im Technikmuseum nicht zu sehen sein werden. Die neue Phase der Untersuchung des technischen Erbes von Johannes Winkler wurde vor einem Jahr begonnen und wird von den Nachfahren von Johannes Winkler, von Bernd Junkers und bundesweit von verschiedenen Raketenhistorikern unterstützt. Die Arbeit ist noch längst nicht abgeschlossen. Weitere Mitstreiter werden gerne einbezogen. Bei Bedarf steht der Ausstellungsmacher Reinhard Sagner am Ende der Ausstellung Mitte Mai für eine Fragestunde zur Verfügung.

Ausstellung „Johannes Winkler (1897-1947). Raketenpionier der Ersten Stunde“ vom 16. April bis zum 13. Mai 2015 im Stadtarchiv Dessau-Roßlau