„Niemals habe ich einen Lehrer kennen gelernt, der es so gut verstanden hätte, mit erwachsenen Schülern zu verkehren und sich deren Liebe zu erwerben. Wir hätten uns für ihn totschlagen lassen.“ In höchsten Tönen sprach der Pädagoge Wilhelm Meißner in seinen Lebenserinnerungen über einen seiner Lehrer an der Dessauer Hauptschule. Er meinte Wilhelm Müller und vermittelt damit eine kaum bekannte Facette der Persönlichkeit eines Mannes, der vor allem als Dichter bleibende Bekanntheit erlangte.
Wilhelm Müller wurde am 7. Oktober 1794 in Dessau geboren. Nach dem Besuch der Dessauer Hauptschule studierte er an der Universität Berlin Philosophie und Geschichte, wo er sich der Poesie zuwandte und eine erste Gedichtsammlung herausbrachte. 1818 kehrte Müller in seine Heimatstadt zurück. Er fand eine Anstellung als Lehrer an der Hauptschule und als Bibliothekar an der neuen Herzoglichen Hofbibliothek in der Wallstraße 10, die er aus verschiedenen Sammlungen zusammenfügte und erstmals katalogisierte. Seine wichtigsten poetischen Arbeiten sind die beiden Sammlungen der Waldhornisten-Lieder („Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten“) von 1821 und 1824, deren Hauptstücke Franz Schubert später in den Zyklen „Die schöne Müllerin“ und „Die Winterreise“ vertonte. Wilhelm Müller setzte sich u.a. mit seinen „Griechenliedern“ für den Unabhängigkeitskampf der Griechen ein, deren Erhebung gegen die türkische Fremdherrschaft 1821 begonnen hatte. Zudem arbeitete er unermüdlich als Herausgeber, Redakteur und Autor verschiedener literarischer Zeitschriften. Eng verbunden war er auch mit dem Dessauer Theater- und Musikleben.
Wilhelm Müller starb in der Nacht vom 30. September zum 1. Oktober 1827. Er wurde in einer Gruft an der Mauer auf dem heutigen Historischen Friedhof bestattet. Ein Teilnachlass Wilhelm Müllers befindet sich in der Anhaltischen Landesbücherei Dessau (Wissenschaftliche Bibliothek), ein Wilhelm-Müller-Denkmal steht im Stadtpark. Auch eine Wilhelm-Müller-Straße erinnert in Dessau-Roßlau an ihn. Sein Sohn Friedrich Max Müller (1823-1900) war Begründer der modernen Indologie und vergleichenden Religionswissenschaften sowie lange Jahre hoch verehrter Professor in Oxford. Anlässlich seines 225. Geburtstages wird Wilhelm Müller im Oktober durch verschiedene Veranstaltungen in der Stadt geehrt. Am 7. Oktober, dem Müller-Geburtstag, wird Oberbürgermeister Peter Kuras um 16 Uhr einen Kranz am Wilhelm-Müller-Denkmal im Stadtparkt niederlegen. Am 15. Oktober um 19 Uhr ist Maria-Verena Leistner, die Herausgeberin der Werkausgabe Müllers, mit einem Festvortrag in der Anhaltischen Landesbücherei im Palais Dietrich zu Gast, in dem sie sich auf Wilhelm Müllers Dessauer Lebensspuren begibt und seine Tätigkeit als Hofbibliothekar in den Mittelpunkt stellt. Der Autoren- und Literaturkreises „Wilhelm Müller“ wird schließlich in einem Festprogramm am 18. Oktober um 19 Uhr, ebenfalls im Palais Dietrich, den Besuchern Wilhelm Müller mit Biografischem, Textkollagen und Liedern näher bringen.
Veranstaltungen zum 225. Geburtstag von Wilhelm Müller
07.10.2019, 16:00 Uhr, Stadtpark, Wilhelm-Müller-Denkmal
Öffentliche Kranzniederlegung des Oberbürgermeisters Peter Kuras
15.10.2019, 19:00 Uhr, Palais Dietrich, Zerbster Straße 35
Vortrag von Dr. Maria-Verena Leistner (Leipzig):
“Es ist das kleine Vaterland der größten Liebe nicht zu klein” - Wilhelm Müller und Dessau
Anlässlich des 225. Geburtstages von Wilhelm Müller begibt sich Maria-Verena Leistner, die Herausgeberin der Werkausgabe Müllers, auf dessen Dessauer Lebensspuren und stellt seine Tätigkeit als Hofbibliothekar in den Mittelpunkt.
18.10.2019, 19:00 Uhr, Palais Dietrich, Zerbster Straße 35
Wilhelm Müller. Festprogramm des Autoren- und Literaturkreises „Wilhelm Müller“, musikalisch begleitet vom Chor Viva La Musica
Ein Abend, der den Besuchern mit Biografischem, Textkollagen und Liedern den Sohn unserer Stadt im Jahre seines 225. Geburtstages näher bringt. Sein Leben, nur dreiunddreißig Jahre kurz, hinterließ Spuren, Spuren in Gedichten, zahlreichen Schriften und Liedern. Ein Mensch voller Ideale, immer suchend und doch beständig, ein Ruheloser, ein Sänger mit dem Wort, das uns noch heute viel zu sagen hat.