Am 28. November besuchten Wini, Dick und Wil Kijk in de Vegte in Begleitung des Historikers Martin van der Linde und einem Kamerateam des Regionalfernsehsenders RTV Oost das Stadtarchiv Dessau-Roßlau. Der Vater der drei Geschwister, Anton Kijk in de Vegte, war 1944 als Zwangsarbeiter in den Junkerswerken in Bernburg und Dessau eingesetzt. Doch davon erfuhren seine Kinder erst fünfzehn Jahre nach dem Tod des Vaters, als sie nach dem Tod der Mutter 2009 den elterlichen Haushalt auflösten und mehrere Dokumente des Leidensweges ihres Vaters im Zweiten Weltkrieg fanden. Anton Kijk in de Vegte hatte niemals mit ihnen darüber gesprochen.

1942 von den deutschen Besatzern dienstverpflichtet, war er zunächst als Zwangsarbeiter in Köln eingesetzt, wo er Bombenschäden beseitigen musste. Anton Kijk in de Vegte nutzte einen Heimataufenthalt, um unterzutauchen und sich damit der Zwangsarbeit zu verweigern. Nachdem er verraten worden war, folgten Inhaftierungen im Arbeitseinsatzlager „Erika“ und im „Polizeilichen Durchgangslager Amersfoort“. Im Mai 1944 befand sich Anton Kijk in de Vegte dann nachweislich als Zwangsarbeiter in Bernburg und ab 1. August 1944 in den Junkerswerken in Dessau. Während der Bombardierungen am 16. August 1944 erlitt er schwere Verletzungen. Es folgte eine lange Behandlung in einer Klinik in Nordhausen. Von Januar 1945 bis zum Kriegsende musste Anton Kijk in de Vegte die Zwangsarbeit in Coswig fortsetzen.

Auch wenn sich in den Beständen des Stadtarchivs und des Landesarchivs Sachsen-Anhalt, Abteilung Dessau keine personenbezogenen Dokumente finden ließen, erhielten die Nachfahren anhand von Dokumenten und Fotografien einen Eindruck von den damaligen Verhältnissen, unter denen Zwangsarbeiter in Dessau leben und arbeiten mussten. Aus den Zeugnissen, die ihr Vater hinterlassen hat, ging zudem hervor, dass er sich nach der Befreiung und vor seiner Rückkehr in die Niederlande in einer Wäscherei in der Wasserstadt aufgehalten hatte. Dr. Frank Kreißler bestätigte die Existenz dieses Gebäudes, das die Gruppe vor ihrer Abreise nach Nordhausen am 29.11.2019 noch aufsuchen möchte.

Die Familie Kijk in de Vegte stellt dem Stadtarchiv Kopien der Dokumente aus dem Familienbestand zur Verfügung und der Austausch wird fortgesetzt. Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung 2020 soll ein Filmbeitrag über die Geschichte von Anton Kijk in de Vegte herausgegeben werden.

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Stadtarchiv Dessau-Roßlau
Dr. Frank Kreißler
Heidestraße 21
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