Brief von Ernst Otto Bandhauer, an den Dessauer Stadtarchivar Bernhard Heese
Der Baurat und Architekt des Spätklassizismus in Anhalt Christian Gottfried Heinrich Bandhauer (geb. 22.03.1790, gest. 22.03.1837) wurde in Roßlau geboren und verstarb auch in Roßlau. Das ursprüngliche Grab (eine Gruft unter dem Hauptweg), das sich auf dem alten Friedhof in Roßlau befand, stürzte 1996 bei Bauarbeiten ein. Die sterblichen Überreste Bandhauers wurden am 22. März 2002 in einen der von ihm 1822-1823 erbauten Pylone auf dem Friedhof überführt. Eine Informationstafel zwischen den Pylonen gibt Auskunft über wichtige Lebensstationen und bedeutende Bauwerke.
Mit 15 Jahren begann Bandhauer eine Lehre als Zimmermann und trat am 9. Mai 1809 als Geselle die Wanderschaft an, die ihn in verschiedene, zumeist süddeutsche Städte führte. 1820 wurde er vom Herzog Ferdinand von Anhalt-Köthen zum Baukondukteur für Kirchen- und Schulbauten bestellt, wurde nach dem Bau des Spiegelsaales im Ludwigsbau des Köthener Schlosses zum Bauinspektor und 1826 zum Herzoglichen Baudirektor ernannt. Neben der Bautätigkeit für das Fürstenhaus entwickelte er ökonomische Wirtschaftsbauten, meist auf quadratischem Grundriss mit Zeltdach (Schafställe, Ökonomiegebäude, Schulgebäude), von denen sich einige im ländlichen Anhalt-Köthen erhalten haben, sowie das sehr schön restaurierte Liebesche Haus in der Roßlauer Hauptstraße 110.
1828 heiratete Bandhauer Luise Friederike Matthiae, aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor – Anna, Leo, Bertha und Otto. Ernst Otto Bandhauer aus Gauting bei München, Sohn des jüngsten Sohnes Otto und somit ein Enkel Bandhauers, wurde im Jahr 1937, dem 100. Todesjahr, durch einen willkommenen Zufall an seinem Stammtisch die Ausgabe Nr. 72 des „Anhalter Anzeiger“ vom 27./28.03.1937 in die Hand gelegt, die einen von Schriftleiter Bernhard Heese verfassten Artikel enthält, „der mich und meine Familie ganz besonders interessiert: ein Lebensbild unseres Großvaters Gottfried Bandhauer, zum Gedenken eines hochbegabten, aber vom Unglück verfolgten Baukünstlers“. Der Zeitungsartikel Heeses veranlasste Ernst Otto Bandhauer, an den Schriftleiter des „Anhalter Anzeiger“ und Dessauer Stadtarchivar Bernhard Heese zu schreiben.
Aus dem vom 1. April 1937 datierenden Brief sind wichtige genealogische Informationen zu den Nachfahren des Roßlauer Baumeisters zu erfahren. Otto, der jüngste Bandhauer-Sohn, schlug z. B. die Juristenlaufbahn einschlug, 1868 in Magdeburg Frl. Anna Katerbow heiratete und aus dieser Ehe 10 Kinder hervorgingen. Deren ältester Sohn, wiederum Otto genannt, war Schriftleiter bei der Deutsch-Südwestafrikanischen Zeitung und später beim Ullstein-Verlag tätig. Der Brief gibt, wie Ernst Otto Bandhauer schreibt, „ohne im Ganzen für die Öffentlichkeit von Interesse zu sein … doch für Ihr Archiv alle Namen der direkten Nachkommenschaft Gottfried Bandhauers der zweiten und dritten Generation hiermit bekannt“ – und ist damit eine wichtige Quelle für Familienforscher und Historiker.