Brigadebuch des Kollektivs Planökonomie des VEB Gasgerätewerk Dessau (1977-1978)

Bild
Eine Seite aus dem Brigadebuch des Kollektivs Planökonomie des VEB Gasgerätewerk Dessau (1977-1978)

In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) war es üblich, dass die einzelnen Arbeitskollektive („Brigaden“) sogenannte Brigadebücher führten. Offizielles Ziel der Brigadebücher war es, die Entwicklung und den Alltag des jeweiligen Arbeitskollektivs möglichst umfangreich und detailliert darzustellen. Die Praxis des Führens solcher Brigadebücher setzte nach der „Bitterfelder Konferenz“ von 1959 ein, die unter dem Motto „Greif zur Feder, Kumpel! Die sozialistische Nationalkultur braucht dich!“ stand. Das „werktätige Volk“ sollte zu eigenen künstlerischen und kulturellen Produktionen angehalten werden. Eine Ausdrucksform dieser Bemühungen waren die Brigadebücher, die für einen Großteil der Beschäftigten in der DDR ein konstantes Element des Arbeitsalltags darstellten.

Die Brigadebücher erfüllten verschiedene Funktionen. Sie dokumentierten einerseits wichtige den Betrieb betreffende Ereignisse wie Weiterbildungen der Mitarbeiter, Zielvereinbarungen zur jährlichen Planerfüllung, Betreuung der Patenklasse oder Betriebsausflüge. Einen weiteren wichtigen inhaltlichen Teil stellten Einträge zu politischen Ereignissen oder Feiertagen dar. So finden sich in wohl allen Brigadebüchern Einträge zum 1.Mai-Feiertag, dem Frauentag oder Jahrestagen der „Großen Sozialistischen Oktoberrevolution“. Andererseits wurden im Brigadebuch auch private Inhalte festgehalten: Einträge zu Geburtstagen, Urlaubsplanungen oder Hochzeiten der einzelnen Mitarbeiter des Kollektivs, gemeinsame Besuche von Veranstaltungen, Feiern usw. Jede Kollegin und jeder Kollege konnte einen Eintrag verfassen und somit die Möglichkeit nutzen, sich „kreativ auszuleben“ – Einträge in Gedichtform schreiben, mit Zeichnungen, Aufklebern oder Verzierungen gestalten. In das Brigadebuch wurden ebenso der Brigade verliehene Urkunden, Einladungen von Schülern der Patenklasse, aber auch Schreiben und Dokumente von Betriebsleitung und Betriebsgewerkschaftsleitung eingefügt. Die Praxis des Brigadetagebuchschreibens endete 1990 mit der Auflösung bzw. Privatisierung der ehemaligen DDR-Betriebe.

Das Stadtarchiv Dessau-Roßlau konnte in den vergangenen Jahren eine kleine Sammlung solcher Brigadebücher anlegen. Mit dem Brigadebuch des Kollektivs Planökonomie des VEB Gasgerätewerk Dessau stellt das Archiv ein Exemplar aus dieser Sammlung als Fundstück des Monats Juli 2016 vor.