Das Projekt „Junkers-Herdstatt“ wurde vorwiegend nach Entwürfen des langjährigen Junkers-Chefkonstrukteurs Erich Horn bei „Junkers & Co. Fabrik wärmetechnischer Geräte Dessau“ (später Bosch) entwickelt. Aus den Jahren 1938 bis 1942 liegen im Landesarchiv Entwürfe für Küchenausstattungen in Serie mit einem Gas-Geräteblock vor. Die Firmenakten berichten, dass die Entwicklungsabteilung 1941 mit dem damaligen Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt, Albert Speer, und dem verantwortlichen Generalbauleiter, Ernst Neufert (1900-1986), über die Entwicklung des Modells „Junkers Herdstatt“ korrespondierte.
Ernst Neufert gilt nicht nur als Bauhausstudent der ersten Stunde. Er arbeitete eng mit Walter Gropius in dessen Baubüro und mit anderen Bauhäuslern an Gebäudeentwürfen zusammen. 1936 erschien sein Werk „Bauentwurfslehre. Handbuch für den Baufachmann, Bauherren, Lehrenden und Lernenden“ – ein bis heute in 18 Sprachen übersetztes Standardwerk. Diese Arbeiten machten Neufert für den Hausarchitekten Adolf Hitlers, Albert Speer, interessant. 1939 wurde Neufert von Speer beauftragt, das industrielle Bauwesen zu rationalisieren und durch Normen die Fertigung von Wohnraum und industriellen Anlagen zu beschleunigen. In diesem Zusammenhang entstand sein Entwurf der „Hausbaumaschine“ und die „Bau-Ordnungs-Lehre“ (BOL). Im Detail passte die in Dessau entwickelte „Junkers-Herdstatt“ hervorragend in dieses Konzept.
Die „Junkers-Herdstatt“ war im Prinzip eine Miniküche, bestehend aus Gas-Wasserheizer, Gas-Herd und Gas-Warmwasserheizkessel und wurde zur Ausstattung von Probewohnungen für kinderreiche Familien - für eine „Volkswohnung“ – entwickelt. Die Idee selbst ist bis heute konzeptionell erhalten. Die „Junkers-Herdstatt“ wurde damit Bestandteil der „Planungen über die Neugestaltung der Reichshauptstadt Berlin“, wozu ganze Stadtviertel abgerissen werden sollten. Heute ist bekannt, dass zur Beschleunigung der Räumung durch den Generalbauinspektor Speer in bis zu 18.000 Fällen die Verträge von jüdischen Mietern einfach aufgehoben wurden, im zeitgenössischen Amtsdeutsch sprach man dazu von der „Entmietung von Juden“.
In welchem Stadium der Ausführung diese Planungen abgebrochen wurden oder ob es derartige Wohnungsausstattungen gab, geht aus den im Landesarchiv vorhandenen Akten nicht hervor. Belegt ist jedoch, dass die Idee der „Junkers-Herdstatt“, also des Geräteblocks, auch nach 1945 im VEB Gasgerätewerk Dessau durchaus wieder aufgegriffen wurde.
Die Quellen sind online recherchierbar unter (http://recherche.landesarchiv.sachsen-anhalt.de/Query/suchinfo.aspx) und in der Abteilung Dessau des Landesarchivs Sachsen-Anhalt Anhalt während der Öffnungszeiten (Mo, Mi, Do 9-17 und Di 9-19 Uhr) einsehbar.
(Quelle: LASA, I 436, Nr. 343)
Kontakt: Dr. Andreas Erb
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