Gebet um Regen.
Das Wetter ist heute ein Thema, das in den Medien stets präsent und aus Gesprächen im Alltagsleben nicht wegzudenken ist. Wetterprognosen, Wetterberichte und Berichte über Umweltkatastrophen stoßen auf reges Interesse. Unsere freizeitorientierte Gesellschaft versteht Sonnenscheindauer und die Anzahl der „Sommertage“ als einen Maßstab für Lebensqualität. Gleichzeitig gelten diese heißen Tage hierzulande auch immer mehr als Zeichen des drohenden Klimawandels.
In den vergangenen Jahrhunderten, als die Menschen noch unmittelbarer von der Natur und damit auch vom Wetter abhängig waren, wäre eine solche Betrachtungsweise nicht denkbar gewesen. Von Hagel, Sturm und Regen, von den Folgen eines Gewitters usw. gingen existenzielle Bedrohungen für Leib, Leben, Behausung und Ernte aus. Zur Abwehr solcher umweltbedingter Gefahren setzten die Menschen auch auf die Gebete und die Anrufung Gottes. Besonders im 17. und 18. Jahrhundert entstand eine Fülle von Publikationen, darunter viele Wettergebete und Wetterpredigten, in denen solche „theologisch-meteorologischen“ Reaktionen auf Wetterphänomene veröffentlicht wurden, die oft auf konkrete Wetterereignisse Bezug nahmen.
Im Stadtarchiv, Anhaltische Landesbücherei (Wissenschaftliche Bibliothek), befindet sich ein äußerst seltener Gelegenheitsdruck aus dem Jahr 1747 mit zwei Wettergebeten, von dem lediglich ein weiteres Exemplar in der Landesbibliothek Oldenburg nachgewiesen ist. Es handelt sich um:
Diese Druckschrift wird im Mai 2021 als „Archivale des Monats“ präsentiert.
Gebet um Regen.
Grosser und starker Gott, du allein bist es, der den Thau auf die Erde fallen lässt. Du allein bist des Regens Vater, indem du das Wasser zu kleinen Tropfen machest und deine Wolken zusammen treibest zum Regen, daß die Wolken fliessen und sehr trieffen können auf uns Menschen und auf unser Land, das du uns gegeben hast. […] Laß doch, guter Vater, den Himmel über uns nicht ehern, noch die Erde unuter uns eisern seyn; gieb unserm Lande nicht Staub und Asche für Regen, sondern thue deinen guten Schatz auf, den Himmel, daß er das lechzende Erdreich tränke und ihm Thau und Regen gebe zu seiner Zeit. Laß das Feld nicht jämmerlich stehen und die Gärten und Wiesen trauern. Laß das Vieh nicht seufzen, weil es keine Weide hat. […] Nun, Herr, erhebe dich in deiner Kraft, so wollen wir singen und loben deine Macht, Amen.
Gebet um Sonnenschein.
Herr Zebaoth, allmächtiger Gott, der du das Wasser bewegest und die Fenster des Himmels öffnest, der du zum Platzregen sprichst, so ist er da mit Macht, du hast bisher deine Stimme erhoben mit starkem Regen und uns viel Nässe gegeben. Unser Undank hätte auch wohl verdienet, daß du uns allen Segen des Landes entzögest. Aber, Herr, handle nicht mit uns nach unsern Sünden und vergilt uns nicht nach unserer Missethat. […] Laß den Regen nicht mehr trieffen auf Erden, sondern setze ihm seine Masse. Verstopfe die Wasserschläuche am Himmel und scheide die dicken Wolken von einander, daß es helle werde und die Sonne wiederum ihre Strahlen über unser Land ausbreite. Mache das Angesicht der Erde frölich durch gnädig verliehenen Sonnenschein, daß Menschen und Vieh erquicket werden und die Früchte des Landes gedeyen. […] THue deine Hand auf, milder Vater, und verleihe bequeme Witterung, daß wir nicht nur säen, sondern auch, nach deinem Wohlgefallen, durch deinen Segen, reichliche erndten und des Landes Gut in deiner Frucht mit Danksagung geniessen. […] Amen.
Die im Titel des Büchleins genannte Fürstin Johanna Elisabeth von Anhalt-Zerbst, geborene Prinzessin von Schleswig-Holstein-Gottorf (24.10.1712-30.5.1760), regierte ihr Fürstentum nach dem Tod ihres Gatten, des Fürsten Christian August von Anhalt-Zerbst, von 1747 bis 1752 für ihren Sohn Friedrich August. Sie ist die Mutter der russischen Zarin Katharina II
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